Hessen

„Mein Name ist Stuard“

Die Geschichte eines Zooladenkampffisches

„Hallo, mein Name ist Stuard. Mein Frauchen benannte mich nach dem Sänger ihrer Lieblingsband. Ich bin ein Betta splendens. Man nennt mich aber auch siamesischer Kampffisch. Ich möchte euch heute mal meine Geschichte erzählen.

Ich bin ein Zierfisch wie viele andere auch. Ich wurde zwar nicht aus der Natur entnommen und benötige daher peinlichst genaue Bedingungen, doch auch ich möchte lieb gehabt werden. Eine ganze Zeit lang spürte ich nichts davon ein Tier zu sein, um das sich Menschen sorgen. Ich dachte immer, diesen Menschen geht es nur darum, uns als Schützlinge anzusehen, uns Liebe zu schenken und uns das zu bieten, was wir wirklich brauchen. Ich habe die falsche Seite der Menschen in meinen Träumen gehabt.

Wie mein Leben als Baby war kann ich kaum beschreiben, dafür war ich einfach zu jung, zu klein. Doch ich kann mich wage an mein Leben in einer Zoohandlung erinnern, in Deutschland.

Voller Erwartung an ein neues Zuhause, mit viel gesundem Fleisch (Mückenlarven usw.), vielen Pflanzen und Platz wurde ich in einer Tüte auf die Reise geschickt. Ich wusste noch gar nicht, wohin es geht. Aber ich hatte Hoffnung, dass es toll werden wird!

Ich bin angekommen. Total erschöpft von der Reise wurde ich in eine Glaskasten gesetzt. Erst sah es toll aus! Viele Pflanzen, Platz – es wirkte einfach toll. Ich dachte, wow, hier kann ich bis an mein Lebensende verweilen und glücklich sein. Doch schnell sah ich – ich bin nicht alleine!

Barsche leben mit in meinem Kasten, scheu wirkten sie. Doch schnell kamen sie näher. Ich stellte mich auf Gefahrenmodus um, spreizte alle Flossen, machte mich groß, wirkte stark. Meine Kiemendeckel flatterten auf hochtouren in der Hoffnung, Eindruck zu schinden, um diese Roadies zu vertreiben und einzuschüchtern. Anfangs klappte es wohl sehr gut, doch schnell kam die Wende. Die Barsche packten mich an meinen Flossen, jagten mich und das immer und immer wieder.

Ich kann nicht sagen, wie lange ich in diesem Kasten bei diesen Tieren sahs, doch es war zu lange. Ich habe mein Flossenkleid verloren, nichts ist mehr davon zu erkennen. Mein Körper ist übersät mit klaffenden Wunden. Ich habe mich schon aufgegeben, floh schon nicht mehr vor den Untieren, lag nur noch auf dem Boden, wartete auf den Tod. Doch dann stand ein Mensch vor meinem Kasten, lange schaute er mich an. Ob er es lustig fand, so wie ich hier lag? Hatte der Mensch Mitleid oder wird er es ignorieren? Irgendwie war es mir schon egal, ich hoffte einfach, dass mein Leid bald ein Ende findet.

Ich sah, wie der Mensch auf mich zeigte, holte dieses Untier, welches mich hier hinein packte. Angst spürte ich, das Ungewisse war grausam. Plötzlich ging der Deckel auf, ein Ding kam und fing mich. Ich dachte das Ding wird mich nun fressen und erlösen. Doch es war anders, ich kam wieder in eine Tüte. Erneut der Stress, erneut das Ungewisse. Wo komm ich hin? Mein kleiner Kopf ist voller Fragen. Doch dieses mal war meine Reise nicht sehr lange, nach 25 Minuten sah ich schon wieder Licht. Erneut kam ich in ein Aquarium, es wirkte noch freundlicher, noch mehr Pflanzen. Doch ich mache mir keine Hoffnungen, ich wurde schon einmal enttäuscht. Ich habe mich erstmal versteckt, die Angst vor weiteren Räubern oder Tyrannen war zu groß. Huch, ein Fisch! Oh nein, tatsächlich Mitbewohner! Doch Moment, die sind ja ganz klein!

Kleine Mollys schwimmen mit in meinem Kasten. Winzig sind sie, aber schade, für mein Maul doch zu groß. Etwas nervig sind sie ja, aber sie tun mir nichts, haben mehr Angst vor mir. Unbegründet, ich möchte nur noch liegen, mich vielleicht erholen von meinen Strapazen.

Schaut mich an, wie ich aussehe! Schaut es euch genau an! Seht ihr meine Wunden? Seht ihr mein Leid? Menschen, warum lasst ihr sowas zu? Warum informiert ihr euch nicht? Ich bin sprachlos… Schmerzen erleide ich. Oft schüttel ich mich vor Qual. Ich möchte nichts fressen. Ich möchte nicht schwimmen. Ich möchte sterben…“

Ich nahm diesen Kampffisch bei mir auf, da ich es nicht mit ansehen konnte, wie er aussah. Die Wunden wahren so sichtbar, so groß. Und keiner in diesem Laden nahm ihn wahr. Als ich vor ihm stand, wusste ich, ich möchte Ihm ein neues Zuhause schenken. Als ich auf ihn zeigte meinte der Verkäufer kalt „sind Sie sich sicher? Der wird den Transport allein nicht überstehen, wir wollten ihn eigentlich „erlösen“, an die Pfauenaugenbuntbarsche verfüttern“. Entsetzt war ich, ich wollte ihn. Ich bekam ihn so mit und pflegte ihn. Und siehe da, er überlebte den Transport und die erste Nacht, und die zweite ebenso.

 

„Heute habe ich großen Hunger bekommen, wie konnte ich auch zu lebenden Mückenlarven nein sagen? Mensch, war das lecker! Ich gewann an Kraft, schwamm mehr, freute mich fast schon auf jeden weiteren Tag. Doch diese Mollies, Mensch, was sind die wuselig und nervig! Aber… Huch, was passiert hier? Dieses Netzding kommt wieder! Bitte, lass mich hier, jetzt, wo ich mich anfange wohl zu fühlen! Doch was… huh? Das Ding schnappt gar nicht nach mir, sondern nach den Mollies? Tatsächlich! Einer nach den anderen wurde von dem Ding gefressen. Schade, doch ich wollte Leben! Noch mehr Pflanzen kamen hinein. Und Plötzlich war ich alleine. Klasse, so viel Ruhe! Schön ist es geworden.“

 

Er musste erstmal in ein 60 cm Aufzuchtsbecken der Mollybabies einziehen. Doch die konnten wenige Tage später in ein anderes Becken ziehen, natürlich wurden sie nicht gefressen, aber woher soll ein Kampffisch sowas schon wissen?

Die Zeit vergeht, Stu macht sich super! Seine Wunden heilen, seine Flossen wachsen wieder. Er frisst sehr gut und ist wieder richtig aktiv geworden. Das Becken war zu gekrautet, wirklich sehr, also bekam er kurzfristige Gesellschaft.

„Mensch, was fühle ich mich gut! Langsam werde ich auch wieder schön!“

Und dann kam der Tag der Tage.

Eine wunderschöne Dame kam in mein Becken. Anfangs war ich noch recht abgeneigt von ihr, wollte sie erstmal los werden. Doch schnell dachte ich nur noch an eins – Kinder! Ein prachtvolles Nest habe ich gebaut. Und der Dame hat es gefallen! Aber so schnell sie kam wollte ich sie auch wieder los werden, ich möchte doch lieber alleine sein!

Viele kleine Kinder habe ich groß gezogen. Schaut euch nur meinen Sohn an! Ist er nicht klasse? All dies hätte ich nicht erleben dürfen, hätte man mich aufgegeben. Hätte ICH mich aufgegeben. Mensch, was bin ich froh. Und ich hoffe, dass es vielen Tieren so gehen wird, wenn sie in falsche Hände kamen. Die gewünschte Erlösung kam, ja, aber nicht der Tod, schöner, das Paradies!

 

Liebe Mitmenschen. Bitte gebt ein Tier nicht auf, egal wie es um ihn steht. Bitte informiert euch, um sowas verhindern zu können. Bitte schaut nicht weg, wenn ihr das Leid sehen könnt. Seid aktiv, helft mit und unterstützt mit dem was ihr habt. Eine Geschichte wie diese zeigt, wie wichtig sowas ist. Das man handelt und nicht wegschaut. Ich habe es bei diesem Kampffisch getan, habe es bei weiteren Fischen gemacht, bei Bartagamen, bei Hasen, … Ich bereue nicht eine diese Aktionen, ich würde es immer wieder tun. Und ich hoffe, das es so manch einem die Augen geöffnet hat, dass man auch „nur“ einem Fisch helfen kann. Das letze Bild zeigt Stu am 07.03.2011. Mehr wuchsen seine Flossen nicht nach. Doch es ist bemerkenswert, wie gut er sich erholt hat, und wie schön er wurde.