Hessen

Kampffischhochzuchten – Das Thema Einzelhaltung oder doch nicht

Kaum ein Thema ist in der Aquaristik so umstritten, wie das Thema Kampffisch. In allgemein gehaltenen Gruppen gibt es kaum einen Beitrag, in dem keine hitzige Diskussion geführt wird. Meistens oder nahezu immer ist es der Grund: Das Tier im Gesellschaftsbecken. Doch was ist jetzt richtig: Einzelhaltung oder in Gesellschaft? Oder völlig egal? Ich erkläre es mal auf meiner Weise, mit meinen Erfahrungen und meinen Einwänden.
 
Grundliegend muss man aber klar sagen: Das schöne kräftige Tier mit den tollen Farben und meist großen, hübschen Flossen hat nicht mehr viel mit dem eigentlichen Betta splendens zu tun. Würde man es ganz genau sehen, dann sollte man die Hochzuchten schon gar nicht mehr splendens nennen, sondern Spec. Denn in diesen Tieren wurden so viele Tiere aus dem Splendens-Formkreis für Form und Farbe eingekreuzt, dass er nur noch prozentual seiner Urform entspricht. Ein wilder Splendens hat nämlich nicht so tolle Flossen wie z. B. Ein Halfmoon, und ist auch mit einem braunem, dunklen Körper und rot-blauen Flossen nicht ganz so bunt. Welche Varianten optisch am nächsten sind, sind die so gekannten Traditional Plakat (Pla Kat) oder noch eher: die Fighter. Aber hierauf genauer einzugehen, würde das eigentliche Thema sprengen. Im folgenden Text werde ich mich mit Splendens oder Kampffisch auf die Hochzuchten beziehen.

Wenn ich diese Diskussionen sehe, halte ich mich nach Möglichkeit raus. Manchmal aber komme ich nicht drum herum, und integriere mich dann doch mit ein. Wie bereits gesagt ist es meist der Fall, dass man ein Männliches Tier in einem Gesellschaftsbecken sieht und dann die „Die gehören da nicht rein“ auf die „das ist doch völlig ok“- Leute sich gegenseitig bald schon aggressiv sämtliche Wörter um die Ohren hauen, die aber doch meistens nicht helfen, und sich dann mehr um die beiden Fronten in den Kommentaren geht als um den User und das eigentliche Becken.

Und immer wieder sehe ich ein Phänomen, was ich doch sehr interessant finde. Nur weil Menschen einen Kampffisch mal hatten denken sie, dass sie damit schon das vollkommene Wissen geschöpft haben und sagen können, was richtig und was falsch ist.
Und ja, mit einem Tier kann Erfahrungen sammeln, aber gerade bei so speziellen Tieren keine Garantie dafür, dass man alles gelernt hat.
 
Ich pflege Kampffische schon einige Jahre und Züchte seit 2014 erfolgreich für Shows und natürlich für eigenes Interesse. In der Zeit habe ich viele Erfahrungen sammeln können und womöglich alle Varianten durch, die man haben konnte. Hier mal so meine Erfahrungen.
 
Angefangen hat auch bei mir der Kauf eines Kampffisches für mein Gesellschafsbecken. Ich habe mir damals einen Veiltail gekauft, knall Pink in Mädchenfarbe. Gesetzt wurde er zu Molly, Neons und Antennenwelsen, ich glaube, Amanogarnelen waren auch noch im Becken. Ich war halt klein 😉 okay… Jung 😀
 
Das ganze ging auch eine gewisse Zeit lang gut, bis der liebe Kampffisch meinen Mollynachwuchs gefressen hat. Das fand ich damals dann so blöd, dass er in sein eigenes Becken ziehen durfte. Aber der arme Fisch sollte ja nicht alleine bleiben, ist doch doof. Also: Hinzu mit einem Weibchen. Darin flogen dann so die Fetzen, dass er mir kaputt ging. Also warf das Thema dann erst einmal erledigt.
 
Ein paar Jahre später hat klein Jessy immer noch nicht viel daraus gelernt und wieder einen gekauft, wieder für dass Gesellschaftsbecken. Man sagte mir ja damals, das sei kein Problem. Hier kamen sie zu meinen Fadenfischen, Skalaren, Welsen und Schwertträgern. Es dauerte nicht lange, dann ging das Tier um. Der nächste wieder. Der dritte wurde dann sehr hektisch und apathisch. So setzte ich ihn zu meinem anderen Gesellschaftsbecken. Dort waren nur ein paar Sternflecksalmler, Panzerwelse und Neocaridina. Hier wurde er zwar nicht mehr gefledert, aber verhielt sich dennoch sehr hektisch und unruhig. So also starb auch er sehr schnell.
 
Meine Faszination an diesen Tieren hörte aber nicht auf, so wollte ich ein Becken nur mit Weibchen pflegen. Gesagt – getan. Ich kaufte mir 8 junge Weibchen. 2 Crowntail und 6 Plakat. Sie waren noch sehr klein, weshalb ich sie in einem 60 cm Becken aufziehen wollte. Das ging auch erst mal sehr gut, um genau zu sein 2 Jahre. In der Zeit zogen sie dann von einem 120 Liter Becken in ein 200 Liter Becken mit ein paar Garnelen und einem wahren Dschungel. Da fing ich mich dann an, mehr für diese Tiere zu interessieren und habe mich mehr eingelesen, was die Zucht betraf. So wurde ich erst einmal auf die verschiedenen Flossenformen aufmerksam und auch wie Trad. Plakat aussehen – nämlich wie Weibchen! Genauer geschaut, sah ich, das ich in meinem Becken tatsächlich 2 Männchen pflegte. Auch sah ich, dass mein Crowntail wohl ein Männchen sein muss, denn seine Flossen waren doch zu lang für ein Weibchen. Doch da hörten meine Gedanken auch wieder auf, denn immerhin läuft alles bestens. Keine Stressstreifen, keine kaputten Flossen. Ich dachte prima, endlich geht es meinen Tieren gut. Naja… 2 Weibchen starben weil sie sehr dick wurden (Laichgverhärtung, wie ich heute weis). Doch dennoch, im großen und ganzen verstanden sich alle super.

Doch schnell stellte sich heraus, dass ich hätte handeln müssen. 3 Jahre lebte diese Gesellschaft zusammen. Von ein auf den anderen Tag wurden meine Tiere zunehmend zickiger und zupften sich doch das ein oder andere mal an den Flossen, wirkte aber nicht all zu wild. Eines meiner Weibchen, die größte und älteste verstarb dann ein paar wenige Tage später. Und ab hier kollabierte mir die ganze Geschichte. Von ein auf dem anderen Tag zerfetzten sich alle vollkommen, nachdem ein Männchen starb. Am Ende blieb dann ein Tapferes Weibchen und eines der Männchen, der mehr als lädiert war. Weitere Versuche gingen gründlich in die Hose weshalb ich wusste: Das ist keine sinnvolle Haltung. Auch im Harem gab es nur Probleme.

Zum einen, die Aggressivität der Tiere. Diese Tiere wurden ursprünglich für Kämpfe untereinander bzw. unter den Männchen gezüchtet. Erst wesentlich später ging man dann auf Form und Farbe. Und dies ist etwas, was in dem Tier steckt und was man ihm so nicht nehmen kann. 

 

Natürlich könnte man sagen: Warum züchtet man dies nicht wieder heraus?

Das ist nicht so einfach. Und ich wage es sogar zu sagen – es ist unmöglich. Als Züchter weis man wie ärgerlich es ist, wenn man eine Schlaftablette hat, die mit ihren Damen nichts anfangen können. Das Problem ist hier das ausbleiben eines Nestbaus und das Desinteresse an das Weibchen. Selbst wenn die Weibchen aus voller Verzweiflung schon ein Nestlein bauen, wird sich das Männchen dazu nicht bewegen lassen.
 
Außerdem kommt die Frage dann auf: Kann man auch das Stressempfinden weg züchten? Ganz klar: Nein. Denn dies ist mit der Grund, warum diese Tiere in Einzelhaltung gehören. Ein Betta splendens ist kein Fisch der dafür bekannt ist, mordsmäßige Bahnen durch sein Becken zu düsen, aber auch nicht, 24/7 auf den faulen Schuppen zu liegen. Die Tiere sind neugierig und entspannt. So sollte das Tier sich auch verhalten. Und ich kenne kein, aber wirklich kein Gesellschaftsbecken wo ein Betta nicht wie ein Flummie durch die Gegend schwimmt oder sich permanent verkrümeln, Versteck oder hektisch weg schwimmen muss weil es unter Stress ausgesetzt wird. Ich kenne auch kaum ein Tier im Gesellschafsbecken mit klaren, schönen, sauberen Flossen. Hier aber, muss man auch in Einzelhaltung darauf acht geben, dass sein Tier sich Artgemäß verhält.
 
Dann kommt gerade bei der Haremhaltung das Weibchen ins Spiel. Kampffische sind Dauerlaicher und produzieren daher ständig Eier. Bei Anwesenheit eines Männchens verstärkt. Kann es hier nicht zu einer Verpaarung kommen, kann es passieren, dass das Weibchen nicht in der Lage ist, selbstständig ihre Eier abzulegen. 
 
So kommt es zu einer Laichverhärtung, die für den sicheren Tod des Weibchens sorgt.
 
Auch ein Problem liegt in der Zoohandlung. Denn mein Phänomen mit den 3 Männchen ist kein Einzelfall. Permanent muss ich in meinem Job junge Plakat Männchen aus den Weibchenbecken fischen. So geht es also bei Händlern mit wenig Wissen über diese Tiere sehr schnell, dass ihr euch ein oder gar mehre Männchen ins Becken holt. Was dann passiert, dürfte wohl klar sein.
 
 
Nicht selten sorgen all diese Dinge für ein kurzes Leben dieser schönen Geschöpfe, durch Stress und/oder folgenden Krankheiten, denn durchschnittlich wird ein Betta splendens 3 – 4 Jahre alt! Die meisten können von Glück reden, wenn sie das 2. Jahr ankratzen. Und im Handel sind die Tiere meist erst 3 – 6 Monate alt. Und die wenigen armen Seelen die dann doch mal etwas älter wurden, hatten ein sehr stressiges Leben.
 
Im Großen und Ganzen sollte man nun also verstehen, warum eine Einzelhaltung für diese Tiere sinnvoll sind. Und ich bin nicht die Einzige mit diesen Erfahrungen. Auch halte ich nichts von Weibchenbecken. Warum sollte ein Weibchen anders sein, was Stress angeht, als ein Männchen? Auch hier können bitterbös die Fetzen fliegen, und diesem Risiko sollte man seine Tiere nicht aussetzen. Und meiner Meinung nach darf nur jemand, der dafür spricht behaupten, Gesellschaftsbecken seien ok, wenn er auch all diese Erfahrungen gesammelt hat. Denn hier benötigt es mehr, als nur ein Tier gehabt zu haben. Und da ist es egoistisch zu sagen „Das klappt schon“. Klappten tut einiges, wie der Hamster im Minikäfig, das allein lebende Kaninchen, der Hund im Zwinger ect. Wer den Unterschied sieht, merkt da auch schnell. Das wird auch immer wieder von einsichtigen Leuten bestätigt, die ihre Tiere dann doch in Einzelhaltung setzten. Und gerade wir Züchter denken uns schon was dabei, denn würden wir Betta in Harem- oder Gesellschaftsbecken abgeben, würden unsere Tiere viel Schneller verkauft werden.
 
Bitte seit nicht blind von der Schönheit dieser Tiere, denkt noch einmal darüber nach und nehmt euch meine anfänglich nicht ganz so tollen Erfahrungen zu Herzen.